Germain TerwecorenBrüssel (Belgien), Rue Ernest Salu 52
Häftlings-Nr. in Ravensbrück 51 137, in Belzig 10 369, Block 4, St.33
Gewidmet meiner mitinhaftierten Gefährtin, Elise Ollevier, gestorben für die Freiheit im Konzentrationslager Belzig am 13.November 1944 im Alter von 34 Jahren.

1. Konzentrationslager Ravensbrück
Mittwoch, 9. August 1944: Abtransport von Saint-Gilles (Brüsseler Gefängnis) in einer Gruppe von 53 politischen Gefangenen, unter denen sich fünf Fran­zösinnen befinden, die aus dem Norden evakuiert worden waren. Gruppen aus Antwerpen, aus Lüttich und aus Namur schließen sich uns im Zuge an.
Sonnabend, 12. August 1944: Ankunft im Lager Ravensbrück - Desinfektion - ärztliche Unter­suchung. 11 Tage Quarantäne.

2. Konzentrationslager Belzig
Donnerstag, 24. August 1944: 3 Uhr morgens Ankunft auf dem Bahnhof Belzig.
Freitag, 25.August 1944: 1. Tag: Erste Arbeitsnacht in der Munitionsfabrik Belzig

Arbeit:
In der Munitionsfabrik Belzig vom 25. August 1944 bis Mitte April
1945: Täglich 12 Stunden in zwei Schichten, Tages- und Nachtschicht
(640 Gefangene ungefähr). An der Eisenbahnlinie Berlin-Belzig, vom 29. März 1945 bis zum 21. April 1945 (300 Gefangene aus der Fabrik arbeiten in der Nähe der Bahnhöfe Baitz, Borkheide und Beelitz).

Kleidung:
Empfang (in Ravensbrück, vor unserem Abtransport) eines Hemdes, einer Hose und eines gestreiften Kleides. Mitte Sep­tember, die eigenen Schuhe werden durch Holzpantoffeln ersetzt.
4. November - Strümpfe
18. Dezember - gestreifte Jacke
28. Januar - Arbeitsschuhe mit Holzsohle

Verpflegung:
Täglich: 1 Becher Kaffee morgens, 1 Liter Suppe mittags
1 Liter Suppe abends (montags, dienstags, don­nerstags u.freitags) nur viermal wöchentlich
250 Gramm Brot täglich
Pro Woche: 4 Stückchen Margarine je 16 Gramm
    2 Esslöffel Hackfleisch
    2 Esslöffel Marmelade und
    1 Esslöffel Weißkäse
Seit Mitte November bis Ende Januar:
1/2 Liter Suppe zusätzlich für die Nachtschicht. Ab Februar ständige Verminderung der Verpflegungsmenge, die schließ­lich Ende April nur noch aus 1/2 Liter warmen Wasser mit ein biss­chen Mehl und 100 Gramm trockenem Brot täglich bestand.

3. Militärlager Altengrabow
Dienstag, 24. April 1945: Abtransport von etwa 600 Gefangenen aus Belzig nach dem Westen. Ungefähr 72 Kranke werden im Lager zurückgelassen. Die sowjetische
Front im Osten und die amerikanische Front im Westen kommt jeden
Tag näher an Belzig heran.
Mittwoch, 25. April 1945: Ankunft im Militärlager Altengrabow.
Vom 26. April bis 30. April 1945 Aufenthalt in der Schäferei Altengrabow.
Dienstag, 1. Mai 1945: Verlesung der Erklärung über unsere eigene Befreiung. Am Abend Übernachtung im Zelt im Lager.
Mittwoch, 2. Mai 1945: Einquartierung in Baracken (ohne Stacheldraht!)
Donnerstag, 3. Mai 1945: Gegen 15 Uhr Ankunft der ersten amerikanischen Truppen, gegen 16 Uhr Abtransport unserer befreiten Gruppe.

4. Rückreise in die Heimat
Donnerstag, 3. Mai 1945: von Altengrabow über Zerbst, Magdeburg, Oebisfelde durch West­deutschland und Holland. Ankunft am 8. Mai 1945 in Brüssel.


Text: Schicksale, Gerhard Dorbritz, Belzig 2001
Foto: mit freundlicher Genehmigung des Heimatmuseums auf der Burg Eisenhardt der Stadt Bad Belzig