Hunderte von Belziger Bürgern, Delegationenn aus den verschiedensten Betrieben und Einrichtungen, zogen am Sonntagmorgen mit Kränzen und Blumen zur Gedenkstätte im Grünen Grund, um die Opfer des ehemaligen faschistischen Konzentrationslagers im Roederhof zu ehren. Unter ihnen waren auch 16 Frauen aus der ČSSR, Jugoslawien, Frankreich und Belgien, die, nachdem sie von den Faschisten zur Zwangsarbeit gepreßt worden waren, vor 23 Jahren aus dem Lager befreit wurden.

Nach der Kranzniederlegung am Gedenkstein und einer Ansprache des Bürgermeisters, genossen Gerhard Dorbritz, ergriffen Frauen aus allen vier ausländischen Delegationen das Wort. Sie alle wandten sich mit ihrem Appell besonders an die Jugend, nicht zuzulassen, daß sich so etwas wiederholt, was sie hier bis vor 23 Jahren erleben mußten. Die Freundin aus der ČSSR verband diese Gedanken mit einem Aufruf, endlich den Krieg in Vietnam zu beenden. Immer wieder wiesen die ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers darauf hin, wie sehr sie von den deutschen Menschen beeindruckt sind, die sie jetzt bei der Ehrung der Opfer kennengelernt haben. Das sind andere Deutsche als die, die sie aus ihrer Zeit im Lager kennen. Eine französische Frau wies dabei auf die gefährliche neonazistische Entwicklung in Westdeutschland hin. Am Sonntagabend fand ein gemeinsamer Empfang für die ausländischen Frauen statt, an dem Vertreter der Räte des Kreises und der Stadt teilnahmen. Dort würdigte Genosse Walter Haberland, Vorsitzender des Rates des Kreises, den 150. Geburtstag von Karl Marx. So konnten die ausländischen Freundinnen sich überzeugen, wie im Geburtsland des Begründers des wissenschaftlichen Sozialismus gewürdigt und verwirklicht werden. Eine Frau aus der französischen Delegation, die Journalistin Hélene Renal, sagte auf dem Empfang, sie sei voller angst vor dem Ort, in dem sie fast neun Monate zur Zwangsarbeit gezwungen war, hergefahren. Aber schon nach wenigen Stunden habe sie festgestellt, wie grundlegend sich hier die Verhältnisse geändert haben.


 Quelle: Kreisarchiv Potsdam Mittelmark, Zeitungsarchiv, Märkische Volksstimme vom 7.5.1968